Tilman und Bettina Grande haben gemeinsam mit der Unterstützung von Fatigatio, der Deutschen Gesellschaft für ME/CFS und der TEMPI-Stiftung folgenden Paper veröffentlicht: https://www.mdpi.com/1648-9144/59/4/719

Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom (ME/CFS) ist eine postinfektiöse, chronische Erkrankung, die zu schweren Beeinträchtigungen und sogar zu vollständiger Invalidität führen kann. Obwohl die Krankheit seit langem bekannt ist und seit 1969 in der ICD kodiert wird (G93.3), konnte die medizinische Forschung noch keinen Konsens über die physiologischen Grundlagen und wirksame Therapien erzielen. Vor dem Hintergrund dieses Mangels wurden psychosomatische Krankheitsmodelle entwickelt und daraus psychotherapeutische Behandlungen abgeleitet, deren empirische Überprüfung jedoch zu ernüchternden Ergebnissen geführt hat. Nach dem derzeitigen Stand der Forschung haben Psychotherapie und psychosomatische Rehabilitation keinen kurativen Effekt bei der Behandlung von ME/CFS. Dennoch sehen wir in Praxen und Ambulanzen zahlreiche Patienten, die stark unter ihrer Erkrankung leiden und deren psychisches Befinden und Bewältigungsstrategien von psychotherapeutischer Hilfe profitieren würden. In diesem Artikel skizzieren wir einen psychotherapeutischen Ansatz, der diesem Bedarf gerecht wird und zwei grundlegende Merkmale von ME/CFS berücksichtigt: erstens, dass ME/CFS eine körperliche Erkrankung ist und die Heilung daher körperlich erfolgen muss, und zweitens, dass gesundheitliche Einbrüche nach Anstrengung (post exertional malaise, PEM) als Kardinalsymptom von ME/CFS zu sehen sind, das in der psychotherapeutischen Behandlung besonderer Beachtung bedarf.